Roboexotica Festival fuer Cocktail-Robotik
Archiv  >> 2004 >>  Details >>  Seite 1 / Seite 2 / Seite 3  Sprache umschalten --> ENGLISH

 

Scheitern als Richtkonstante in der Technikentwicklung

Wir gehen davon aus, dass die Heuristiken des Bastelns, des Engineerings, des Experiments etc. die Dimension des Scheiterns als Richtkonstante enthalten. Sie sind Versuche mit offenem Ausgang. "Trial and Error" sind nicht erst im Webdesign zur "normalen" Heuristik geworden, sondern machen das, was wir Technologie nennen ganz grundsätzlich aus. Nach Latour ist Technikentwicklung stets als ein Umweg zu begreifen: Ein Akteur bemerkt, dass er seine Intention mit vorhandenen Mitteln nicht erreichen kann und bedient sich deshalb eines Agenten (eines Stocks, einer Computertastatur etc.). Er muss seinen "Helfer" aber zuerst dazu bringen, genau das zu tun, was er von ihm möchte und externalisiert in der Folge einen Teil seiner Handlungsfähigkeit. Es findet ein Abstimmungsprozess zwischen der Intention des Akteurs und dem Agenten statt, der jede Menge Kontingenzen enthält. Bei einer geglückten "Abstimmung" wird jedoch das technische Artefakt zu einer Art "Deligiertem" der Intention des Entwicklers / der Entwicklerin. (vgl. Latour 2000). 

Es stimmt, dass im postindustriellen Zeitalter die Technikentwicklung nicht mehr als quasi handwerklicher Abstimmungsprozess zwischen einem Erfinder und einem nicht-menschlichen Agenten gedacht wird: Auf beiden Seiten finden wir inzwischen riesige Netzwerke von Akteuren und Agenten, was uns aber erst recht nicht dazu verführen sollte, in deterministische Konzepte von Technikentwicklung (gut ist, was sich durchsetzt) zu verfallen. Vielmehr ist es eine der größten Herausforderungen an technische Verfahren wie auch an die Technikforschung dieser gesteigerten Komplexität Rechnung zu tragen, ohne in einen apokalyptischen Risikodiskurs, wie ihn das Hollywoodkino in Filmen wie The Matrix (1999 ff) lanciert zu verfallen.

In der Techniksoziologie geht man von einem ähnlichen Konzept aus: Der schrittweise "Schließung" von Technologien. Während am Anfang eines Entwicklungsprozesses ein relativ offenes Set von Intentionen, Interessen und technischen Möglichkeiten vorliegt, verfestigt sich dieses mit der Zeit mehr und mehr zu einer spezifischen Technologie (die Soziologie spricht lieber von sozio-technischen Systemen), die nur ganz bestimmte Nutzungs-, Distribuierungs- und Weiterentwicklungsoptionen offen hält. Ein Beispiel dafür wäre das Internet, das sich von einem relativ offenen und auf "rough consensus" Standards beruhenden Technologie zu seiner heutigen Form (die die meisten Menschen nur als "Internetexplorer" kennen) entwickelt hat.

<< Vorige Seite

Nächste Seite >>